Bereits 2015 wurde in Polen ein Gesetz zur Förderung von erneuerbaren Energien erlassen. Dieses sorgte u. a. dafür, dass Leute, die überschüssigen Strom aus ihren Solaranlagen ins öffentliche Netz einspeisen, eine feste Vergütung bekommen. Auch in industriellen Ausmaßen will Polen weg von der Kohlekraft und hin zu mehr „Erneuerbaren“ – etwa durch große Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Neben dem Umweltschutz steht nun im Jahr 2022 auch die Unabhängigkeit im Fokus, durch den Verzicht auf Kohle-, Öl- und Gasimporte aus Russland oder anderen Ländern. In diesem Beitrag haben wir Details zu Polens Markt für Erneuerbare Energien und seine Zukunft gesammelt.
Transformation des Energiesektors in Polen
Neben der Förderung von privaten Anlagen für die Verwendung von erneuerbaren Energien soll auch die Wirtschaft in Polen entsprechend umgekrempelt werden. Sowohl aus eigenen Mitteln als auch durch Förderungen seitens der EU soll bis 2040 ein großer Wandel vollzogen werden. Bis zu 22,5 Milliarden Euro könnten bis dahin in großflächige Solaranlagen sowie in Onshore- und Offshore-Windanlagen gesteckt werden. Das Offshore-Programm sieht die Installation von Windrädern im polnischen Teil der Ostsee vor. Dafür arbeiten mehrere Unternehmen im polnischen Komitee für elektrische Energie (PKEE, Polski Komitet Energii Elektrycznej) zusammen. Welchen genauen Anteil Erneuerbare dann 2040 im Energiemix haben werden, steht noch nicht fest.
Allerdings werden bereits Prognosen für die Energieausbeute herausgegeben. Laut der polnischen Energiepolitik bis 2040 (PEP2040) wird die installierte Gesamtkapazität von Offshore-Windkraftanlagen bis 2040 11 GW erreichen, ergänzt durch Photovoltaik- und Onshore-Windkraftprojekte mit mindestens 10 bzw. 16 GW bis 2040. Ein weiteres großes Ziel, das mit der Umstellung des Energiemarktes in Polen auf erneuerbare Energien einher geht, ist die Dekarbonisierung. Darunter versteht man hinsichtlich der Atmosphäre, aber auch metaphorisch für die Wirtschaft, die Reduzierung von Kohlenstoffdioxid und dessen Ausstoß. Steigt der Anteil von Erneuerbaren im Vergleich zu Kohle, Öl und Gas, dann wird insgesamt weniger CO2 ausgestoßen.
Das große Ziel: CO2-neutrale Energie in der ganzen EU
Aber nicht nur Polen arbeitet daran, einen Weg zu mehr Erneuerbaren sowie weg von CO2-lastigen Energieträgern zu beschreiten. In der ganzen EU gibt es entsprechende Ambitionen, welche auch und vor allem durch Vorgaben und Förderungen des Staatenbundes entstehen. Dafür arbeiten die einzelnen Länder nicht nur an ihren eigenen Märkten, sondern auch grenzüberschreitend. Es gibt bspw. sogenannte Joint Ventures von Regierungen und Unternehmen. Zudem arbeiten internationale sowie regionale Konsortien an Lösungen, die für die einzelnen Mitgliedsstaaten bzw. für bestimmte Regionen sinnvoll sind. Ein Beispiel wären die oben schon benannten Offshore-Windanlagen. Da nicht nur Polen diese Technologie nutzen will, ist eine Zusammenarbeit sinnvoll.
Neben der einzelnen und kooperativen Arbeit am Energiemarkt und dessen Umwandlung ist es hinsichtlich der EU-Bemühungen auch noch sinnvoll, den „Green Deal“ zu erwähnen. Dieser sieht abseits der Energiewende in Polen und anderen Mitgliedsstaaten auch eine nachhaltigere Wirtschaft an sich vor. So müssen etwa neue Industrieanlagen, Niederlassungen von Produktionen und dergleichen mehr wesentlich effizienter sein als Bestandsbauten. Die Nutzung von erneuerbaren Energien steht dabei ganz weit oben auf der Liste. Aber auch die Reduzierung des eigenen CO2-Ausstoßes und der Müllproduktion in den Einrichtungen werden mit bedacht. Insgesamt soll die Wirtschaft in der EU bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen.
Risikostreuung und Backup-Pläne fürs polnische Stromnetz
Erneuerbare Energien wie Solarenergie und die mechanische Kraft des Windes haben den großen Vorteil, dass sie ohne größeren Umweltschaden genutzt werden können. Anders als die Förderung, die Verbrennung und Nutzung von Öl, Gas und Kohle sorgen die erneuerbaren Energien für keinen Anstieg in der Kohlendioxid-Bilanz. Allerdings muss für ein Funktionieren der Erneuerbaren im Stromnetz – sowohl in Polen als auch andernorts – für Versorgungssicherheit gesorgt werden. Dies kann durch Risikostreuung passieren, indem etwa eine Kombination aus Solar-, Offshore-Wind-, Gezeitenkraft-, Onshore-Wind und Stauwasser-Anlagen genutzt wird.
Doch was ist, wenn starke Winde ausbleiben und der Himmel größtenteils wolkenverhangen bleibt? Dann greift natürlich die Risikostreuung bis zu einem gewissen Maße. Jedoch kann es, besonders zu Zeiten eines gesteigerten Verbrauchs, dazu kommen, dass der so produzierte Strom nicht ganz ausreicht. Hier muss es einen Backup-Plan geben, der die Versorgung sichert. Möglich sind Erdgas- oder Biogas-Anlagen sowie Importe von sicheren EU-Partnern. Gerade Russland zeigt als Beispiel, dass Energie-Partner außerhalb der EU zum Sicherheitsrisiko werden können. Deshalb müssen absichernde Pläne für die nationalen Energieversorgungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten innerhalb des Bundes funktionieren. Auch das muss Polen am Markt für Erneuerbare Energien bedenken.
Wo Polen am Energie-Markt hinterherhinkt
Trotz allen Bemühungen, großen Plänen und Kooperationen führt Polen nicht gerade die Liste der Spitzennutzer von erneuerbaren Energien an. Der Energiemarkt in Polen fußt im Jahr 2022 noch zu knapp 80 Prozent auf Steinkohle und Braunkohle. Der komplette Kohleausstieg ist erst für das Jahr 2049 geplant. Und auch wenn Polen innerhalb der EU darauf pocht, auf Energieträger-Importe aus Russland zu verzichten, so geht das doch mit Wünschen nach Ausweich-Importen aus Südafrika, Kolumbien oder Australien einher. Wer in Polen also auf eine schnelle Energiewende hofft, sollte sein Haus selber mit Photovoltaik ausstatten statt auf die Politik zu warten.
Schaut man sich das Ganze im Vergleich zu Deutschland an, so sieht man im polnischen Nachbarland ebenfalls weiterhin ein Überwiegen der konventionellen Energieträger im Strommix. Allerdings kommt die Kohle hier nicht annähernd auf 80 Prozent, sondern liegt bei etwas über 30 Prozent. Im Jahr 2020 kamen dabei schon 47,1 Prozent der elektrischen Energie aus der Verwendung der Erneuerbaren. Im Jahr 2021 wurde ein Rückgang auf 42,2 Prozent verzeichnet, was zeigt, dass auch hier Ausfalllösungen und Risikostreuung noch ein Planungsthema sind. Insgesamt kann man sagen, dass Polen sowie andere EU-Länder noch einiges an Arbeit vor sich haben.